LOL re:publica: In der Höhle der Löwen Teil 2

Arbeit bei der re:publica 2017: Fakt or Fake?Tag 2: Virtueller Dom und Arbeiten der Zukunft

Als ich aus der U-Bahn-Station komme, beginnt der zweite Tag wie der erste geendet ist: mit Sascha Lobo. Er steht auf der anderen Straßenseite, in der einen Hand einen Coffe-to-go und in der anderen sein Handy. Entweder ist er darin vertieft Tweets und Nachrichten zu lesen oder aber weitere Pokemon zu fangen, nachdem er sich gestern als Pokemon Go –Spieler geoutet hatte.  Aber dann verschwindet er auch schon im Eingang für Redner.

Mer lasse de Dom (nicht nur) in Kölle!

Ich nutze die Zeit vor dem ersten Vortrag und die Gelegenheit beim Stand des WDR, den Kölner Dom in Virtual Reality zu erkunden. Wirklich eine coole Möglichkeit, verschiedene Ecken dieses großen Bauwerks in kurzer Zeit zu erkunden. Der WDR-Mitarbeiter führt mich noch zu einem Gang in schwindelerregender Höhe und erklärt mir, wie ich bis an den Rand treten und hinunterblicken kann: „Ganz schön hoch“, denke ich und hoffe, dass mich in diesem Moment niemand schubst (virtuell hin oder her).

Tracking, Targeting und Chatbots

Erik Sy von der Uni Hamburg stellt in seinem Vortrag zu Tracking und Targeting die sogenannte verhaltensbasierte Nutzererkennung vor. Bei dieser Methode werden die Nutzer nicht anhand von Cookies oder durch den Login erkannt, sondern anhand der sonstigen besuchten Seiten.

Die Telekom berichtet, dass sie derzeit den Einsatz eines Chatbots testet. Aber selbst beim Telekommunikationsriesen soll er bislang nur für den Abruf aktueller Neuigkeiten im Facebook Messenger dienen und ist noch nicht live verfügbar. Also scheint auch die Telekom meine Einschätzung zur Akzeptanz von Chatbots und den bislang noch begrenzten Einsatzmöglichkeiten zu teilen.

Arbeiten der Zukunft

Nicht nur ich habe mich in diesen Tagen gewissermaßen in die Höhle des Löwen begeben, auch Bundesministerin Andrea Nahles ist am Dienstag zu Gast, um über das Streitthema bedingungsloses Grundeinkommen zu diskutieren. Während ein Großteil der anwesenden Besucher sich für ein bedingungsloses Grundeinkommen ausspricht, stellt sie sich klar dagegen. Sie erklärt, sie glaube nicht an eine Abkehr vom Geld-gegen-Leistung-Prinzip und dass sich ein Großteil der Bevölkerung mit diesem Prinzip identifiziere.

Selbst wenn es dazu komme, dass sich die Arbeitswelt durch Automatisierungen und künstliche Intelligenz in den nächsten Jahrzehnten grundlegend ändere, werde das lediglich zu Anpassungen an diese Entwicklungen führen, wie es auch schon früher zu Verlagerungen vom Industrie- in den Dienstleistungssektor kam.

Arbeit bei der re:publica 2017: Dikussion zum bedingungslosen Grundeinkommen

Steuerfinanziertes Startguthaben

Stattdessen schlägt Sie ein steuerfinanziertes Startguthaben für jeden ab 18 Jahren vor, um sich bei Bedarf Auszeiten von der Arbeit zu nehmen, ehrenamtlich zu engagieren oder auch weiterzubilden.

Das klingt nach einem sinnvollen Vorschlag. Die Befürchtungen der Besucher, dass es zu Arbeitsplatzverlusten und steigender Arbeitslosigkeit infolge von Automatisierungen, Algorithmen und Robotern kommen könnte, kann sie damit aber nicht zerstreuen.

Angstschrei  > Liebesruf

So langsam begreife ich, warum es mir so schwerfällt die laut ausgerufene Liebe auf der re:publica zu hören. Sie wird überdeckt von Angst, der Angst vor Bedeutungsverlust und Angst vor der Zukunft. Bei aller Begeisterung für neue Technologien und den Fortschritt, scheint auch die damit verbundene Furcht immer mehr zu wachsen. Die Werbebranche scheint dabei als Stellvertreter für diese Entwicklung zu agieren, die durch Firmen wie Google und Facebook vorangetrieben wird.

Wenn ich mich also, wie auch Sascha Lobo am Vortag, etwas genauer mit den Menschen auf der re:publica beschäftige, sehe ich nicht nur Datenschutzfanatiker oder Feinde personalisierter Werbung, die sich am liebsten über mich hermachen würden, sobald ich mich zu erkennen gebe. Ich sehe auch viele Ängstliche und Besorgte und ich kann sie verstehen.

Qualität menschlicher Arbeit

Unsere Herausforderung wird in Zukunft also darin bestehen, neben den Maschinen, die einige oder auch viele Aufgaben übernehmen können, unsere Arbeit neu zu definieren. Dabei gilt es aber auch auszuloten, welche Aufgaben sollten auch in Zukunft besser von einem Menschen übernommen werden und welchen Wert hat menschliche Arbeit. Auch heutzutage wissen viele Menschen die Qualität handgemachter Produkte oder Lebensmittel zu schätzen und sind bereit die höheren Kosten zu tragen. Warum also sollte das nicht auch in Zukunft funktionieren?

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Jochen Meiring hat seinen M.A. in Kommunikationswissenschaft an der WWU Münster gemacht. Als Experte für Content Marketing setzt er sich immer wieder mit neuen Trends im Onlinemarketing auseinander. Seine Kreativität und Neugier kann er in den unterschiedlichsten Kundenprojekten und im Blog von interface medien ausleben.