Clickbaiting – der One-Night-Stand der Online-Beziehungen

Mit einfachen Teasertexten wie: „Unglaublich, so etwas hast du noch nicht gesehen“ oder „Dieses Video hat mein Leben verändert“ haben Portale wie heftig.co im zurückliegenden Jahr teilweise unglaubliche Klickzahlen erzielt. Der Inhalt der Videos oder Bilder war dagegen oftmals geradezu banal. „Clickbaiting“ nennt sich dieses Phänomen, bei dem es vor allem darum geht möglichst viele Klicks zu generieren, indem man die Leser neugierig auf den Inhalt einer Seite macht. Dazu werden vor allem die Überschriften so optimiert, dass sie zum Klicken anregen.

Clickbait

Bezahl für deine Neugier!

Dieses Vorgehen ist sicherlich kein gänzlich neues, denn auch Boulevardzeitungen und Fernsehsender wie RTL setzen auf Neugier, Sensationen, Emotionen und Personalisierung, also auf einfache Unterhaltung. Doch seitdem der Axel Springer Verlag ausgewählte Inhalte hinter einer Paywall namens Bild+ oder auch Die Welt Digital versteckt, schien dieser Trend noch deutlicher hervorzustechen. In den sozialen Netzwerken werden die Beiträge beworben und mit kurzen Sätzen unterfüttert, um die Neugier des Lesers zu wecken. Zuletzt sollte man hier beispielsweise alles zum Liebes-Aus von Manuel Neuer erfahren können. Aber auch andere renommierte Medienhäuser experimentierten mit dem Clickbaiting im „heftigstyle“.

Während die meisten Webseiten vor allem auf der Suche nach möglichst hohen Klickzahlen sind, gehen „Bild“ und „Welt“ aber noch einen Schritt weiter und wollen die Leser für ihre natürliche Neugierde bezahlen lassen.

 

Auf der Suche nach einem Finanzierungsmodell

Sicherlich muss hierbei auch berücksichtigt werden, dass gerade Online-Journalismus nur schwer finanzierbar ist. Nur wenige Anbieter können tatsächlich rentabel arbeiten. Viele Online-Redaktionen werden noch immer querfinanziert, da sich die Finanzierung aus Anzeigen und Abonnements nicht von der gedruckten Ausgabe in die Online-Welt übertragen lässt. Onliner sind in der Regel noch immer nicht bereit ebenso für die Nachrichten zu bezahlen, wie für Ihre Zeitung, auch wenn die Nutzerzahlen bei Bild Plus zurzeit noch steigen. Bislang lässt sich jedoch noch nicht sagen, ob die breite Masse der Nutzer bereit ist in Zukunft für Nachrichten in der Online-Welt zu zahlen.

Ohne Plan und doppelten Boden

Dies hat vor allem strukturelle Gründe, die zum größten Teil selbstverschuldet sind. Denn die Medienorganisationen bzw. Zeitungsverlage starteten damals ohne jeglichen Plan oder ein Finanzierungsmodell in das neue Medium Internet. So waren es die Nutzer vorne herein gewohnt ihre Nachrichten hier umsonst zu erhalten. Nachdem die Abonnentenzahlen von Zeitungen aber immer weiter einbrachen, litt auch die Finanzierung im Print-Bereich. Deshalb suchen die Medienunternehmen nach alternativen Einnahmequellen, um abhängiger von dem Erlös aus Online-Anzeigen zu werden. Aus diesem Grund setzen sie noch mehr als ohnehin schon auf die Sensationslust des Lesers und wollen vor allem unterhalten. Besonders boulevardeske Themen werden so noch mehr betont und tatsächlich gesellschaftlich relevante Themen unter Umständen weniger beachtet. Das wiederum führt allerdings auch dazu, dass die kostenpflichtigen Inhalte meist nicht als qualitativ hochwertiger wahrgenommen werden und die Rechtfertigung für eine Bezahlung im Grunde wieder entfällt.

Bild+ Schlagzeile

Statt Qualität lieber Unterhaltung?

Die Frage ist jedoch: Was will die breite Masse der Bevölkerung? Qualität oder Unterhaltung? Sieht man sich beispielsweise die Einschaltquoten von Fernsehsendern wie RTL oder die Verkaufszahlen der Bild-Zeitung und deren Konzeption an, könnte man meinen, dass die Antwort Unterhaltung ist. Sicherlich ist es aber nicht so einfach zu beurteilen, da es sowohl Leser gibt, die sich vor allem unterhalten lassen wollen, als auch Leser, die auf qualitative hochwertige Inhalte Wert legen.

Clickbaiting für mein Unternehmen?

Clickbaiting scheint auf den ersten Blick zu funktionieren, ja. Und ja, auch Unternehmen sind ständig auf der Suche nach Aufmerksamkeit für ihre Produkte und Dienstleistungen. Im hart umkämpften Online-Markt ist diese Aufmerksamkeit oftmals noch schwieriger zu erreichen. Aber man darf dabei nicht vergessen, dass Professionalität entscheidend ist, um die eigene Kompetenz unter Beweis zu stellen, Vertrauen beim Kunden aufzubauen und ernst genommen zu werden. Denn nur die wenigsten Firmen verkaufen ausschließlich Unterhaltung und selbst bei großen Medienunternehmen entstehen solche Strategien wie Clickbaiting vor allem aus der Not heraus.

Langfristig problematisch

Außerdem zeigt die Entwicklung in jüngster Zeit, dass auch die Medienunternehmen wieder von dieser kurzfristigen Strategie abrücken. Während die Bilder vor einem halben Jahr bei Bild+ beispielsweise noch teilweise verpixelt wurden, um noch ein größeres Geheimnis aus dem Artikel zu machen, verzichtet man mittlerweile darauf. Dies ist möglicherweise aber auch auf die Ankündigung von Facebook zurückzuführen gegen Clickbaiting vorzugehen und relevantere Beiträge zu bevorzugen. Womit wir dann bei der Frage wären: Was ist überhaupt relevant? Doch das soll Thema eines anderen Blogbeitrages sein.

Frühere Bild+ Verschleierung

Klar ist jedoch: Clickbaiting zielt vor allem auf den kurzfristigen Erfolg ab! Hier lauern jedoch gerade für Unternehmen viele Fallen, da sie durch solche Maßnahmen weder qualifizierte Arbeitskräfte rekrutieren, noch qualitative Anfragen oder Kontakte generieren können. Sie streben meist langfristige Beziehungen mit ihren Kunden an. Deshalb sollte man als Unternehmen sowohl auf Qualität und hochwertige Inhalte, als auch auf deren angemessene Präsentation bzw. Adressierung achten und sich nicht solcher Effekt-Hascherei bedienen.

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Jochen Meiring hat seinen M.A. in Kommunikationswissenschaft an der WWU Münster gemacht. Als Experte für Content Marketing setzt er sich immer wieder mit neuen Trends im Onlinemarketing auseinander. Seine Kreativität und Neugier kann er in den unterschiedlichsten Kundenprojekten und im Blog von interface medien ausleben.


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